Warum Denkmäler für Soldaten?

von Rolf Roßmann

 

Seit der Wende wird in Abständen immer wieder über die Errichtung und die Weihe von Kriegerdenkmälern zur Ehre, Erinnerung oder Mahnung für die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges berichtet. Die letzte Weihe eines Kriegerdenkmals, von der ich las, erfolgte in Menkendorf, Kreis Ludwigslust. Das Ehrenmal, wie es in einem Handzettel auch bezeichnet wird, soll an die Männer des Dorfes erinnern, die ihr Leben an den Fronten beider Weltkriege verloren.

Auch in anderen Dörfern, wie beispielsweise in Malliß und Karenz wurden nach der Wende an bereits vorhandenen Gedenksteinen für die Opfer des 1. Weltkrieges zusätzliche Tafeln mit den Namen der Gefallenen des 2. Weltkrieges angebracht.

Nun findet diese Form der Ehrung und des Gedenkens von Wehrmachtssoldaten nicht bei jedermann ungeteilte Zustimmung. Das undifferenzierte Gedenken an eine Gruppe von Menschen, von denen nicht bekannt ist, ob einige von ihnen an schweren Verbrechen beteiligt waren, wird von einer großen Zahl Menschen kritisch hinterfragt.

Der Begriff „Denkmal“ ist für die meisten Menschen wohl eher positiv besetzt. Ein Denkmal für die gefallenen Soldaten und Offiziere der Wehrmacht und der anderen im Sinne des Faschismus funktionierenden Organisationen müsste demnach zum positiven Gedenken anregen.

Doch sind die Verbrechen, auch der deutschen Wehrmacht, begangen nicht nur in Europa, den meisten Menschen bestens bekannt. Gerade in den vergangenen Jahren wurden die Grausamkeiten der Männer in Uniform durch die in mehreren Städten gezeigte Wehrmachtsausstellung erneut ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Nicht jeder Soldat zog damals freiwillig in den Krieg. Viele erlagen in einer großen Naivität der faschistischen Propaganda, wurden verblendet und missbraucht. Hitler hatte das Bild wogender Weizenfelder entworfen und jedem „tapferen Soldaten“ ein eigenes Gut auf fruchtbarem Boden versprochen. Meine Großmutter wusste zu erzählen, dass es auch in Neu-Kaliß nicht wenige Männer gab, die mit Fanatismus, und vermutlich im Wissen um den zu zahlenden Preis, auf „neuen Siedlungsraum im Osten“ hofften. Die deutsche Wehrmacht vereinte also in sich sowohl die zum Dienst Verpflichteten als auch die freiwilligen „Eroberer“. Das Differenzieren fällt auch heute schwer.

Die Forschungen der Nachkriegszeit haben den vor allem in Westdeutschland lange gepflegten Mythos von einer unbefleckten Wehrmacht inzwischen zerstört und widerlegt.

Ein Pensionär aus der Gemeinde Neu-Kaliß erklärte unlängst, dass die nach der Wende aktivierte Gedenkpraxis hauptsächlich mit den kirchlichen Traditionen der Kriegerehrungen zusammenhänge. Doch fragen sich gerade heute viele Gläubige, ob diese „Traditionen“ mit ihren humanistischen Lebensansprüchen überhaupt vereinbar sind.

Durch die Einebnung der Gräber der eines natürlichen Todes Gestorbenen nach etwa 30 Jahren erlischt das sichtbare Gedenken an die Verstorbenen. Mit der scheinbar gleichen Selbstverständlichkeit aber werden nach 53 Jahren kollektive Denkmäler für Menschen errichtet, deren „Heldentaten“ im letzten Krieg zweifellos zum unrühmlichsten Kapitel der deutschen Geschichte zählen.

Ein persönliches Erinnern an Väter und Brüder, vielleicht eine Inschrift auf dem Familiengrab o. ä. wird niemandem abzusprechen sein. Auch gegen ein zentrales, namenloses Mahnmal für die unschuldigen Opfer von Kriegen wird kaum jemand etwas einzuwenden haben.

Die Kriegerdenkmäler vergangener Epochen aber bedienten immer den militaristischen Zeitgeist und halten einen sehr zweifelhaften Heldenmythos wach. Wie erklären wir diese in recht bizarrem Licht dastehende Gedenkpraxis nun unserer heranwachsenden Generation, von denen heute nicht wenige schon wieder ein offenes Ohr für rechtsradikale Parolen zeigen?

 

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