Briefmarke mit Motiv aus der Griesen Gegend
Im Jahr 1978 wurde von der Deutschen Post der DDR eine 25 Pfennig-Briefmarke herausgegeben, welche das Motiv eines Bauernhauses in Strassen (Kirchspiel Eldena) zeigt.
(In der DDR musste eine Postkarte mit 10 Pfennig, ein Brief innerhalb der DDR und ins „sozialistische“ Ausland mit 20 Pfennig frankiert werden. Briefe ins „nichtsozialistische“ Ausland kosteten 35 Pfennig. Die 25-Pfennig-Briefmarke war für Postkarten ins „nichtsozialistische“ Ausland.)
Hier der Vergleich zwischen Bauernhaus und Motiv der Briefmarke:
(Größenunterschied habe ich aufgrund des
besseren Vergleichsmöglichkeit angeglichen.)
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Bauernhaus 1960 |
Briefmarke 1978 |
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Hier ein Foto des Hauses aus dem Jahr 1976: (Quelle: B. Fege) |
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Es folgt nun eine Abhandlung zu dem Bauernhaus von Rolf Roßmann (Vielen Dank!):
Strassener Bauernhaus zog 1977 ins Museum, Rolf Roßmann Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) hatte in Mecklenburg
die schlimmsten Folgen hinterlassen. Man geht heute davon aus, dass sich
während dieses schrecklichen Krieges die Einwohnerzahl Mecklenburgs von
300.000 hin zu 50.000 auf ein Sechstel reduzierte. Ungezählte Bauernstellen,
manchmal ganze Dörfer, waren verwüstet und dem Erdboden gleichgemacht. In dem südwestmecklenburgischen Dorf Strassen lagen nach
dem Krieg zwei Bauern- und zwei Kossatenstellen wüst. Es dauerte viele Jahre,
ehe sich Neusiedler aus anderen Landstrichen oder nächstgeborene Bauernsöhne
der Umgebung auf den Weg machten, um den kargen Sandboden der Griesen Gegend
unter ihren Pflug zu nehmen. Der Neubau eines Bauernhauses auf der Hofstelle Nr. 2 in
Strassen ist dank einer erhalten gebliebenen Torbogeninschrift überliefert.
Diese Inschrift bezeugt: „Hans Marcwart, Maria Marcwart Anno 1671“. Da der Name Marcwart zuvor in Strassen nicht belegt ist,
liegt die Annahme nahe, dass Hans Marcwart aus dem nicht weit entfernt
gelegenen Dorf Grebs als einer der nächstgeborenen Bauernsöhne diese
Strassener Bauernstelle zur Bewirtschaftung übertragen bekam. Bei dem 1671 in Strassen errichteten Bauernhaus handelt es
sich um einen Zwei-Ständer-Fachwerkbau, deren Pfeiler die Querhölzer tragen,
auf denen die Dachkonstruktion lagert. Im Haus ergeben sich so drei ungleich
breite Schiffe. Ein großes Tor, durch das die Erntewagen einfahren konnten,
führt von der Giebelseite des Hauses in den mittleren Langraum, die Diele
oder Halle. Hier wurde gedroschen und das Getreide in die oberen Lagerräume
verstaut. Im anschließenden rückwärtigen Hausteil lag das „Kammerfach“, der
ausgebaute Wohn- und Schlafraum mit der Küche. Das Äußere des Hauses ist bereits recht kunstvoll
angelegt, und man hat die Holzkonstruktion als schmückendes Element deutlich
hervortreten lassen. Auch die später an die Stelle alten Lehmwerkes in die
Gefache gekommenen Backsteine sind rein zur Zierde zu Mustern versetzt
worden. Über dem Hausgiebel ist das tief herabgezogene Reetdach durch einen
Krüppelwalm waagerecht abgeschlossen und weit vorgekragt. So sind hier die
Holzkonstruktion und die Hauseinfahrt vor Schlagwasser geschützt. Die im Jahre 1737 in den Archivalien erwähnten Witwe
Dorothea Marquart war offensichtlich ohne männliche Erben geblieben. Der
Zustand des Hauses musste zu dieser Zeit nach heutigen Maßstäben bereits als
baufällig angesehen werden. In einer amtlichen Baubeschreibung hieß es
seinerzeit: „Daß Dach Dauget in allem Nichts…“. Mit der
Inventarisierung und der Instandsetzung wurde schließlich der in Grabow
amtierende „Küchenmeister“ Mattfeld (eigentlich zuständig für die Verwaltung
der Lebensmittel) betraut. Es muss angenommen werden, dass das Haus sein
repräsentatives Aussehen mit seiner dekorativen Ziegelausfachung dank der
fürstlichen Alimentierung über den Grabower Küchenmeister im Zuge dieser
Rekonstruktion erhielt. Wer das Haus die nächsten 60 Jahre bewohnt, ist nicht
sicher. Um 1800 bis etwa 1875 wird das Haus in vier Generationen
von der Familie Jastram (Schulze bzw. Erbpächter) bewohnte, bevor es zum Ende
des 19. Jahrhunderts in den Besitz der Familie Hein gelangt. Diese bewohnte
und bewirtschaftete das Haus und die Hofstelle bis 1927, als auf der
Bauernstelle ein neues Wohnhaus errichtet wurde. Mit dem Umzug der Familie
Hein in das neue Haus wurde das alte Strohdachhaus als Wohnhaus aufgegeben.
Das alte Gebäude wurde danach nur noch als Viehstall, Scheune und Lagerhaus
genutzt. Gerda Hein, Witwe des letzten Hoferben, Otto Hein weiß
heute zu berichten, dass das Mehrzweckhaus aufgeteilt war in Bauernstube und
Altenteil sowie Viehstall und Diele. Rechts der großen Diele befand sich der
Pferdestall, dahinter die Kammer für den Knecht. Links neben der Diele lag
der Kuhstall, dahinter Häckselkammer und folgend die Mädchenkammer. Die Küche hatte noch eine offene Herdstelle, deren Rauch
durch das sogenannte Uhlenlock abzog. Das Uhlenlock (Eulenloch) ist eine
giebelseitige Öffnung unterhalb des Firstes und diente vor Einführung des Schornsteines
nicht nur als Rauchabzug sondern auch als Flugloch für Schleiereulen oder
Schwalben, die als Ungeziefer jagende Nutztiere im Haus gern gesehen waren.
Auch das Strassener Bauernhaus war nach alter norddeutscher Sitte oberhalb
des Uhlenlocks mit zwei gekreuzten Pferdeköpfen, verziert, den Mul-apen (Maul
offen) verziert. Die letzten Besitzer Gerda und Otto Hein erbten die
Hofstelle nebst Gebäuden von den Eltern des Bauern, Wilhelm und Wilhelmine
Hein. Wegen starker Beschädigungen am Dach des Gebäudes musste die Ostseite
des Hauses noch Mitte der 1970er Jahre neu eingedeckt werden. Aus Mangel an
Reet erfolgte das Dachdecken seinerzeit mit einfachem Stroh. Das ebenfalls
notwendige Eindecken der Westseite wurde durch die überraschend einsetzenden
Verkaufsverhandlungen verhindert. 1972 wurde aufgrund einer Rinderseuche und einer darauf
folgenden politischen Verordnung die private Haltung von Rindern untersagt.
Mit dem Abschaffen der letzten Kuh wurde in jenem Jahr somit auch die Nutzung
des Hauses als Viehstall aufgegeben. Nur die Puten legten in dem fast
leerstehenden „alten Haus“ noch ihre Eier, die Gerda Hein in dem Gebäude
zusammensuchen musste. 1976 stellte sich der Familie Hein dann unverhofft ein
Kaufinteressent für das alte Bauernhaus vor. Es war der der landesweit bekannte Bauernhaus- und
Siedlungsforscher Dr. Karl Baumgarten, der auch Leiter des Wossidlo-Archivs
in Rostock und Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR war. Dieser
hatte auf einer seiner Forschungsreisen im südwestlichen Mecklenburg
Interesse an dem alten Bauernhaus der Hufe 2 gefunden. Sein eigentlicher Favorit war zunächst ein altes
Bauernhaus im benachbarten Grittel. Dieses Haus brannte jedoch kurz zuvor ab.
So richtete sich Dr. Baumgartens Interesse auf diesen als Repräsentativbau
ausgebauten Zwei-Ständer-Fachwerkbau. Da sowohl der Familie Hein als auch dem
Landkreis Ludwigslust die notwendigen finanziellen Mittel zur Sicherung und
zum Erhalt des alten Bauernhauses an Ort und Stelle fehlten, standen die
Chancen für den Kulturhistoriker nicht schlecht. Dr. Baumgarten erforschte schon seit geraumer Zeit die
Bauweise der ländlichen Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern. 1970 hatte Dr.
Karl Baumgarten in Klockenhagen mit der Errichtung eines Museumsdorfes
begonnen und er spürte seitdem in ganz Mecklenburg und Vorpommern
bewahrenswerte Häuser auf, organisierte, den Erwerb, ließ sie fachgerecht ab-
und schließlich in Klockenhagen wieder aufbauen. Die von ihm alsbald mit Familie Hein geführten
Kaufverhandlungen konnten bereits nach kurzer Zeit zum Abschluss gebracht
werden. Der Abbau des alten Hauses im Jahre 1977 dauerte, einschließlich der
notwendigen Nummerierung der Einzelteile, etwa zwei Wochen. Zur Zeit der
Demontage konnte das Haus also auf ein Alter von 306 Jahre zurückschauen. Bereits ein Jahr später wurde die Giebelseite des
Strassener Bauernhauses auf einer 25-Pf-Briefmarke in einem von der Deutschen
Post der DDR herausgegebenen Briefmarkensatz mit Fachwerkhäusern abgebildet.
Auch Dr. Baumgarten und Angelika Heim berichten in ihrem Standartwerk
„Landschaft und Bauernhaus in Mecklenburg“ über dieses Haus und bildeten es
auf Fotografien ab. Im Freilichtmuseum Klockenhagen verkörpert das vor 341 Jahren in Strassen erbaute Bauernhaus nunmehr den dort ältesten Hof und beherbergt heute die Museumsgaststätte „Up de Däl“. |